Madame

198 Seiten|Prospekte|20.11 - 31.12.2013Angebot abgelaufenAktuelle Prospekte Angebote in Woosmer

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REISE GUIDE MADRID
DINING & DANCING: DAS „MOMA 56“
LEBENSADER AUS STEIN: DIE GRAN VIA
Madame 8/2013

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DIE STOLZE
SCHÖNE
Madrid ist ein perfekter Mix aus
prächtiger Geschichte und eleganter
Avantgarde. Mit viel Platz fürs Leben –
und einem Beach mitten in der Stadt
FOTOS: iStockphoto (1); Adrian Tyler (1)
Als die Spanier im 16. Jahrhundert
beschlossen, ihre Hauptstadt von Toledo
in die geografische Mitte des Landes zu
verlegen, machten sie das vor allem aus
Prestigegründen: Die Herrscher über
ein gewaltiges koloniales Imperium
wollten ihre Macht und ihren immensen
Reichtum auch äußerlich demonstrieren. Riesige Plätze
verbanden sie mit breiten Avenidas, bauten Paläste, Kirchen
und Klöster und ganze Straßenzüge im neoklassizistischen
Stil. Im Buchklassiker „Tod am Nachmittag“ schreibt
Hemingway: „Ich glaube nicht, dass jemand die Stadt spontan
mag, wenn er zum ersten Mal dorthin kommt.“ Zugegeben,
auf den ersten Blick fehlen ihr die Leidenschaft
Barcelonas, die unsterbliche Schönheit Granadas und die
Spiritualität von Toledo. Auf den zweiten jedoch entdeckt
man eine sehr authentische Stadt, die sich über die Jahrhunderte
treu geblieben ist. Und trotzdem: Dem in allen
spanischen Metropolen aktiven Wanderzirkus der internationalen
Design-Elite – darunter Norman Foster, Jean Nouvel,
Zaha Hadid oder der spanische Stararchitekt Santiago
Calatrava – konnte (und wollte!) sich Madrid nicht entziehen.
Vorzeigeobjekte sind der Hauptbahnhof und der
hypermoderne Terminal 4 des Flughafens Barajas. Nachdem
der alte Bahnhof Atocha in ein Gewächshaus mit
Cafeteria verwandelt wurde, entstand nebenan ein Design-
Palast, von dem aus moderne Highspeed-Züge verkehren.
Madrid ist auch die Heimat einer einzigartigen Eleganz.
Madrileninnen besitzen ein untrügliches Gespür für Stil und
kultivieren modisches Understatement auf allerhöchstem
Niveau. Fündig werden sie in den Nobelläden an der Calle
Serano, Calle Claudio Coello und Calle de Goya. Wer es
lieber etwas origineller mag, sollte sich in den Boutiquen
des Szeneviertels Las Salesas umtun. Dem Ansturm der
jungen Küchenrebellen, die ihre minimalistischen Menüs
nicht selten am Computer komponieren, begegneten die
Madrilenen mit offenen Armen. Der Weg in die Zukunft ist
SCHATZTRUHE: DAS MUSEO REINA SOFIA
eben auch in der Küche nicht zu übersehen – wenn auch
die spanische Hauptstadt mit besonderem Stolz auf ihre
Traditionsadressen verweist: Bars und Bodegas mit Patina
und die gemütlichen Casas de Comidas, Familienbetriebe,
die mehrere Generationen auf dem Buckel haben und
gemeinsam mit Stammgästen und Personal alle wirtschaftlichen
und politischen Kapriolen überlebt haben. Dosenspargel
im Salat, zentimeterdick panierter Fisch und
Ein heits tapas wie Kroketten, zähe Calamari oder Tortilla
vom Vortag gehören endgültig der Vergangenheit an. Heute
zeigt sich jeder von seiner besten Seite: Die Küchen-
Avantgarde schmückt sich mit einer Prise Bodenständigkeit,
und die Altvorderen am Herd pflegen mit Finesse die
Verfeinerung regionaler Produkte.
Klar, das goldene Dreieck zwischen Plaza de Oriente, Plaza
Mayor und dem Paseo del Prado ist ein Muss während der
Stadteroberung. Und bei schönem Wetter ein hübscher Spaziergang.
Ein Geheimtipp aber ist Madrid Rio, ein liebevoll
angelegter Park, der sich über circa zehn Kilometer am
Manzanares-Fluss entlangschlängelt. Es wurden mehr als
50 000 Bäume und Büsche gepflanzt, 8000 Pinien beschatten
das Ufer. Zu Füßen der ältesten Brücke der Stadt, der
Puente de Segovia, relaxt man hier neuerdings am Ende
eines heißen Tages am ersten Urban Beach der Stadt, erfrischt
sich in den vier Pools oder flirtet an der Strandbar.
Hemingway hätte es gefallen. CHRISTINE VON PAHLEN 83