Madame

198 Seiten|Prospekte|20.11 - 31.12.2013Angebot abgelaufenAktuelle Prospekte Angebote in Wemding

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STILFRAGEN
GENIALE
MATCH-
MAKERIN
Nadja Swarovski ist der funkelndste
Stern im Familienunternehmen.
Ihre Erfolgsgaranten: Kreativität und
beste Beziehungen zu Hollywood
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Couture-Roben zum Strahlen
zu bringen und die Welt mit
ein bisschen Sternenstaub
zu überziehen – seit Nadja
Swarovskis Ururgroßvater
1895 im tirolerischen Wattens
die Kristall-Dynastie
begründete, steht der Familienname für Glamour.
In der fünften Generation ist es heute
die quirlige, energiegeladene 43-Jährige, die
im etwa 1000 Kilometer vom österreichischen
Stammhaus entfernten London die
Fäden des Milliardenunternehmens als erstes
weibliches Mitglied der Geschäftsführung zieht. Nach Internatsjahren
in Salem studierte die schon damals geniale
Netzwerkerin Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaften,
aber auch Gesteinskunde in Amerika, woher ihre
Mutter stammt. Ob im Office in der Sackville Street oder in
ihrem Haus in Chelsea: überall fantastisches Design. Die
Möbel, die Fotografien und Bilder an den Wänden – alles
allererste Museumsqualität. Nadja Swarovski holt wie eine
moderne Medici spielerisch und zielorientiert die Speerspitzen
des internationalen Designs, der Kunst und der Architektur
ins Swarovski-Boot. Kooperiert z. B. in dem von ihr
2002 initiierten „Crystal Palace“-Programm mit Branchengrößen
wie Zaha Hadid, Ron Arad oder Tord Boontje. Und
engagiert, insbesondere im Schmuckbereich, Shootingstars
aus der Mode wie die Designer Christopher Kane oder Kostas
Murkudis, die alle für „Atelier Swarovski“ entwerfen.
Seit Queen Victorias Zeiten beliefert das Haus Couture-
Giganten: früher Coco Chanel, Christian Dior, Elsa Schiaparelli,
heute von Armani bis Zac Posen alles, was Rang und
Namen hat in der Fashion-Welt. Klar, dass bei ihrer Hochzeit
2002 mit dem britischen Investmentbanker Rupert Adams
ihr Vera-Wang-Kleid mit hauseigenen Glitzersteinen funkelte:
mit 15000 applizierten Swarovski-Kristallen. Ihre
Lieblingsaccessoires? Ein Stephen-Webster-Ring, den ihr
Mann ihr geschenkt hat. Und eine von ihrem guten Freund,
dem Schmuckdesigner Lorenz Bäumer, für sie entworfene
Armbanduhr, auf deren Zifferblatt Sohn Rigby, 8, und die
Töchter Thalia, 7, und Jasmine, 5, abgebildet sind. Wir sprachen
mit Nadja Swarovski über Glamour, Glanz und ihre
ganz persönlichen glorreichen Sechzehn – die Künstler, die
nunmehr für die Linie „Atelier Swarovski“ Schmuck entworfen
haben.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Designer, die für Sie
arbeiten, aus?
Sie müssen unsere Kristalle lieben und damit etwas anfangen
können. Und wir wiederum müssen ihren Stil schätzen.
Nur so werden wir unserem Anspruch gerecht, in Zusammenarbeit
mit anderen Größen aus der Mode, Architektur
oder auch dem Set-Design den Zeitgeist zu reflektieren und
vielleicht Vorbilder zu liefern. Ein gutes Beispiel ist Zaha
FOTO: Nadja Swarovski
MADAME 8/2013

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Hadid, die erstmals Kristalle in Plastik eingeschmolzen hat.
Oder auch Greg Lynn, der Architekt aus L. A., dem ein
echter Coup in der Produktentwicklung gelang: Er experimentierte
so lange, bis er die perfekte Symbiose aus Keramik
und Kristall gefunden hatte.
Was war für Sie das beeindruckendste Projekt bisher?
John Pawsons Installation „Perspectives“ 2011 zum 300.
Jubiläum der Grundsteinlegung der St Paul’s Cathedral in
London. Jahrelang war ich diesem modernen Minimalisten
auf den Fersen und dann mächtig stolz, dass wir eigens für
ihn das Material und die Formen für sein Kunstwerk entwickeln
durften: eine gigantische Edelstahl-Halbkugel mit
verspiegelter Oberfläche, in deren Mitte eine konkave Linse
mit 40 Zentimeter Durchmesser lag und in der sich mittels
eines in 23 Meter Höhe angebrachten Konvexspiegels das
Treppenhaus der Kirche widerspiegelte. Eine sehr emotionale,
geradezu spirituelle Erfahrung. Pure Magie.
Mit der Gründung der Swarovski-Foundation haben Sie sich einen
Herzenswunsch erfüllt. Wofür steht diese Stiftung?
Sie setzt die Tradition von Daniel Swarovski, dem Firmengründer,
fort. Wir unterstützen kulturelle Einrichtungen
und Institutionen, wie aktuell die neue „Jedermann“-Inszenierung
der Salzburger Festspiele. Aber auch innovative
Einzelprojekte. Mit dem Swarovski Learning Centre unterstützen
wir das Londoner Design Museum und seinen neuen
Standort in Kensington. Hier schaffen wir für 60000
Studenten eine Schnittstelle zwischen formaler Bildung und
professionellem Design, um neue Generationen von Design-
Visionären zu fördern.
Förderinitiativen sind überhaupt ein großes Thema bei Ihnen.
Ja, und das global. Wir setzen uns ein für die Gleichberechtigung
der Frauen, im Gesundheits- und Bildungswesen
sowie im Umweltschutz und für den Erhalt des Kulturerbes.
Ganz konkret beginnt gerade in Venedig die von uns mitgesponserte
Restaurierung der Statue des heiligen Georg auf
der palladinischen Basilika-Kuppel von San Giorgio Maggiore.
Hier ist jetzt auch im Rahmen der Biennale eine neue
Variante von Pawsons „Perspectives“-Installation zu sehen.
Apropos Statue: Die Verbindungen Ihres Hauses auch zur Filmwelt
sind legendär. Nicht nur glitzert der Vorhang für die Oscar-
Verleihungen seit sechs Jahren mit Swarovski-Steinen. Kürzlich
haben Sie „Swarovski Entertainment“ ins Leben gerufen.
Das ist für mich eine ganz natürliche Weiterentwicklung
unserer Aktivitäten. Seit Hollywood laufen lernte, haben wir
immer schon eng mit Kostüm- und Set-Designern zusammengearbeitet.
Schon Dorothy im „Zauberer von Oz“ trug
Swarovski-Steine auf den Schuhen, Audrey Hepburn in
„Frühstück bei Tiffany“ auf ihrer Tiara, und heute sieht man
sie in Filmen wie „Ocean’s 13“, „Black Swan“ oder dem
letzten Bond-Streifen. Unser Einstieg in die Filmproduktion
ist insofern eine folgerichtige Evolution. Dieser Tage feiern
wir in England die Premiere unseres ersten Projektes:
„Romeo Juliet“, eine Neuinterpretation in Form einer romantischen
Zombie-Komödie, brillant konzipiert von Drehbuch-
Ikone und „Downton Abbey“-Erfinder Julian Fellowes. Für
uns die perfekte Plattform, um Visionäre wie ihn oder den
Schauspielveteran Stellan Skarsgård mit jungen Talenten wie
Hailee Steinfeld zusammenzubringen. Mit Stars wie ihr hoffen
wir auch, ein jüngeres Publikum an uns zu binden.
Was sind für Sie Sternstunden im Alltag?
Es gibt immer wieder Glücksmomente persönlicher Natur,
aber in beruflicher Hinsicht kann ich sagen, es sind eindeutig
die Augenblicke, in denen gewagte Visionen real werden,
eine Idee sich in ein Produkt verwandelt hat, das die Menschen
berührt. Es ist immer wieder ein tolles Gefühl, wenn
man merkt, dass man die Welt durch Kreativität verändert.
Welche Zauberkräfte hätten Sie gerne?
Da ich beruflich sehr viel reisen muss, wäre es klasse, wenn
ich mich einfach durch die Welt beamen könnte. Oder einen
Klon hätte, mit dessen Hilfe ich mehr Stunden pro Tag und
mehr Tage pro Woche zur Verfügung hätte.
Wie beschreiben Sie Ihren persönlichen Modestil?
Es kommt in erster Linie auf die Situation an. Tagsüber im
Büro liebe ich praktische, eher konservative Kleidung, in der
ich mich wohlfühle. Zu Hause trage ich meist Turnschuhe,
weil ich ständig meinen Kindern hinterherrennen muss.
Abends müssen es natürlich High Heels sein. Ich bewege
mich nicht nur professionell in der Modewelt, ich liebe
Fashion. Zu meinen persönlichen Favoriten zählen Marios
Schwab, Proenza Schouler oder Alexander McQueen. Besonders
prickelnd finde ich es, Kreationen von Designern
zu tragen, die für uns entwerfen wie zum Beispiel Christopher
Kane. So kann ich ihre Philosophie hautnah spüren.
Welche Werte vermitteln Sie Ihren Kindern?
Ehrlichkeit, Integrität, Leidenschaft, den Willen zu harter
Arbeit und ein soziales Gewissen – im Grunde die Wertvorstellungen
unserer Familie und der Firma.
Welche Charakterzüge schätzen Sie an sich selbst am meisten?
Ambition, Energie und vor allem Durchhaltevermögen.
Welche Art der Lektüre inspiriert Sie?
Da ich ständig auf der Suche nach Vorbildern bin, liebe ich
Biografien: politische wie die Erinnerungen von Madeleine
Albright oder Lebensläufe von Unternehmer-Genies wie
Richard Branson. Oder frühe Pioniere und Philanthropen
wie der aus Schottland stammende US-Stahl-Tycoon Andrew
Carnegie. Alles positiv denkende Menschen, die trotz
vieler Widerstände an ihren Visionen festgehalten und damit
die Welt verändert haben.
NADINE HIPPLER
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