Herzschlager Das Schlagermagazin

52 Seiten|Müller|1.7 - 30.9.2013Angebot abgelaufenAktuelle Müller Angebote in Berlin

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Herzetappen | Reinhard Mey reinhard Mey Wenn schon Musik … »iCh Wollte Wie orpheUs singen« 1967: Der Mey’Sche Erstling! Später undenkbar, vertraute Mey hier noch auf andere Songschreiber. »die Zwölfte« in 1983: Mey ist ja oft und gern nachdenklich … dann muss es ein Gitarrenspieler sein! Und trotzdem: teils übersehen, zuweilen geringgeschätzt - was der Schlager gut kennt, ist den deutschen Liedermachern nicht unbedingt fremd. Selbst Legenden wie Reinhard Mey, die bereits seit vielen Jahrzehnten generationenverbindend Musikgeschichte schreiben, werden hierzulande von manch einem noch immer müde belächelt. Herzschlager jedenfalls bricht eine Lanze für einen der Größten seines Genres - und versucht eine Annäherung. seinem künstlerischen Tun. Das hier ist allerdings ein porentief melancholisches Werk. »die grossen erfoLge« 1984: Meys herausragende Werke von den Anfängen bis in die frühen 80er. Ein Dokument seiner ersten Schaffensjahre. »Alleingang« 1986: So sommerlich-frisch, wie er auf dem Cover dreinschaut, so locker-fluffig kommt auch sein 86er-Werk daher - überwiegend jedenfalls. Alles begann auf der Burg Waldeck im Hunsrück, als Mey 1964 mit Brüdern und Schwestern im Geiste musizierte - und einen geschätzten Weggefährten kennenlernte: Hannes Wader. Und auf selbigen hielt Mey unlängst bei der Echo-Verleihung eine bewegende Laudatio, die recht trefflich die Bedeutung dieser Begegnung für das eigene Tun und die folgende Karriere vermittelte (Auszug): „Wir haben uns damals als Seelenverwandte erkannt und wir wurden Freunde. Wir hatten jeder eine Handvoll Lieder und wir waren begierig auszuprobieren, was wir da geschrieben hatten. Wir sangen überall, wo man uns singen ließ, am liebsten in Kneipen, das hatte den Vorteil, dass man - wenn viel getrunken wurde - nach der Pause noch mal dieselben Lieder singen konnte. Es war unsere Sturm- und Drangzeit und wir schrieben wie Besessene. Irgendwann trennten sich unsere Wege, aber wir haben uns nie aus den Augen verloren.“ »fArben« 1990: Für viele das beste Mey-Album: Enthält mit „Mein Berlin“ eine Ode an die Hauptstadt. Ganz im Zeichen des Mauerfalls. Und so ist es fast 40 Jahre nach dem ersten Kontakt obligat und kaum verwunderlich, dass Mey seinem alten Freund auch auf dem neuen Album huldigt. Mit seiner persönlichen Deutung des Wader-Klassikers „Es ist an der Zeit“, jenes Titels, der seit 1980 als Inbegriff und musikalische Essenz der weltweiten Friedensbewegung gelten darf. Und so schließt sich der Kreis, denn schon in den 60ern, so Mey während der Laudatio, habe man die Lieder des jeweils anderen gesungen - um das Repertoire gewissermaßen auszuweiten. 44 Herzschlager 03|2013

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Herzetappen | Reinhard Mey Reinhard Mey ist für viele Der deutsche Liedermacher. Einer unter vielen ist er, und doch anders. „Dann mach’s gut“ mag man durchaus als eine Art Rückschau auf das eigene Leben umschreiben, Mey singt - wie eh und je - von Freunden, Familie und von Liebe. Gibt mit seinen Texten Halt, spendet Trost oder macht einfach augenzwinkernd Spaß. Letzteres allerdings nicht mehr so häufig wie früher, der Schalk sitzt ihm musikalisch nur noch selten im Nacken. Ein launig-ironischer Song wie „Gute Kühe kommen in den Himmel“ sieht sich vielen nachdenklichen, besinnlichen Titeln auf dem Album gegenüber. Mey reißt die Themen nicht an, vielmehr erzählt er sie. Und das tut er ausführlich. Dabei entdeckt er die Kraft religiöser Motive, nimmt sie in Liedern wie „Wenn du bei mir bist“ oder „Fahr dein Schiffchen“ auf, wenn er von nie endender Liebe, Sternenstaub und Engeln singt. Mey bleibt seinem Stil treu. Wer einen Song wie „Ich wollte wie Orpheus singen“ aus dem Jahre ’64 mit dem nun vorliegenden 26. (!) Studioalbum vergleicht, der findet weitaus mehr Gemeinsamkeiten als Abweichungen. Und genau das mag gleichzeitig Fluch und Segen sein. Denn zwar ist die Mey’Sche Stilistik - meist eine Vorstellung von nichts außer Stimme, Akustikgitarre und Bass - eine wohlig vertraute. Aber genau hierin liegt die kleine Gefahr, dass man Mey vor lauter Vertrautheit als gottgegeben konsumiert, die Brillanz in seinen Texten vielleicht gar nicht mehr wahrnimmt. »dAnn Mach’S gUt« 9|10 Herzen Vvö bereits erschienen ertrieb Universal Gegen Ende des Albums wird mehr als deutlich, dass hier ein Mann singt, der bereits einiges an Lebzeit hinter sich gelassen hat, der sich Gedanken macht, wohin die Reise geht. „Lass nun ruhig los das Ruder“ ist eine bildhafte Annäherung an das Ende irdischen Daseins, der Titelsong zuvor beschäftigt sich mit dem schwierigen Thema des Loslassens. Das übergreifend eher besinnliche Leitmotiv des Albums findet zum Ausklang seinen unmissverständlichen Höhepunkt. Mey serviert uns mit diesem von purem Leben durchströmten Werk einen vorläufigen Höhepunkt seiner maßgeblichen Schaffensgeschichte - und macht neugierig auf all die Geschichten, die er uns in Zukunft noch erzählen wird. Cl 45