Herzschlager Das Schlagermagazin

52 Seiten|Müller|1.7 - 30.9.2013Angebot abgelaufenAktuelle Müller Angebote in Berlin

Kommentare Text Suche

Seite 12

Unsere Sterne | Andreas Gabalier Andreas Gabalier Die ham schon gesagt: Boa, du polarisierst! Die wussten nicht so genau, wie sie reagieren sollen. Das altbewährte Publikum sitzt, isst das Backhenderl, trinkt ein Bier, freut sich und schunkelt mit. Die Sitzkonzerte hat’s bei mir ganz schnell nimmer ’geben - weil die Jugend diese Festivitäten gestürmt hat, nicht brav irgendwo sitzen wollte. Das war ein Skandal, es hieß: ‚Dann sehen die vorne ja nix!‘ (lacht). So haben sich die Cds parallel entwickelt - eigentlich anhand des Livepublikums. Und plötzlich ist es abgegangen wie auf Rockkonzerten. Ich weiß gar nicht, ob’s beim Robbie Williams so abgeht (lacht). Aber ehrlich: Ich glaub nicht, dass wir mit „Home Sweet Home“ vor vier Jahren irgendwo Fuß gefasst hätten. Herzschlager Dein neues Album ist super abwechslungsreich. Viele verschiedene Instrumente stehen abwechselnd im Vordergrund, mal komplett elektronisch, dann wieder akustisch … Andreas Gabalier … das war mir mein großes Anliegen. Es ist keine herkömmliche Schlager-Cd mit immer demselben Beat, Hauptsache, man kann einen Discofox drauf tanzen. Vom Jazz über die Klassik bis hin zu Heavy Metal - all so was hab ich versucht einfließen zu lassen. Mir ham schon viele Leute den Vogel gezeigt. Auch die Plattenfirma hat gesagt: ‚Du kannst doch nicht so viele Stile auf eine Cd bringen!‘ - aber genau das hat’s ausgemacht. Herzschlager Wir mögen besonders „Der Himmel“ und „You’re Just Bein’ You“. Das zweite ist ein klassisch rockender Countrysong mit klugem, witzigem Text … Andreas Gabalier … ja! So ein typischer Nashville-Song! Herzschlager Und ausgerechnet „Zuckerpuppen“ ist die aktuelle Singleauskopplung, für uns kompositorisch einer der schwächeren Songs - Imagepflege in Richtung Womanizer? Andreas Gabalier Eigentlich kommt das von „Go For Gold“, das wir schon für die Ski-Wm in Schladming aufgenommen haben. Da wollten wir mal ein bisschen Elektro reinbringen, damit nicht alles so zeitlos wird wie bei Brian Adams oder Bon Jovi. „Go For Gold“ ist damals auf Platz eins in Österreich hochgefetzt … das war der Grund, eine ähnliche Nummer wie die „Zuckerpuppen“ anzuschließen. Herzschlager In „Der Himmel“ singst Du „Wer zu Lebzeit zufrieden ist, kriegt seine Antwort bestimmt“ - was bedeutet für Dich Zufriedenheit? Ist sie abhängig vom Erfolg, von dem, was du erreichst im Leben? Andreas Gabalier Zufrieden sein … (überlegt) Mit dem, was man hat, was man kann, was man ist. Nicht immer von Dingen träumen, die vielleicht unerreichbar sind. Vor meinem Erfolg hab ich nie was vermisst im Leben. Ich hab früher nie Geld gehabt, hab gearbeitet neben der Uni, das ging sich vorne und hinten nicht aus (lacht). Trotzdem hatte ich immer viel Spaß. Im Sommer als Barkeeper am Wörthersee, in Graz hab ich am Bau gearbeitet. Außerdem gibt’s da gute Freunde, die mich seit der Jugend begleiten, natürlich Familie, die Brüder. Weißt Du, ich hör dauernd: ‚Was steckst’ Dir für Ziele, was willst’ noch erreichen?‘ Ich weiß nicht - ich lass es einfach laufen, mach mir selber nicht so einen Druck und sag mir: Danke für das, was ist! Cl 12 »home Sweet home« 10|10 Herzen Vvö bereits erschienen ertrieb Universal Herzschlager 03|2013

Seite 13

Musikgenuss | Newcomer »Bleibt daS immer So« Gleis 8 Liebe ohne Gewähr Nach einer überwältigend erfolgreichen Zeit, nach gesundheitlichen Problemen, nach vielerlei Irrungen und Wirrungen trennte sich Ende letzten Jahres eines der beliebtesten Duos der deutschsprachigen Musik: Rosenstolz. Der Erfolg von Anna R. und Peter Plate war für das hiesige Feuilleton lange Zeit ein Mysterium. Und so schrieb die Faz bereits 2006 zum Phänomen Rosenstolz: „Der Schlager, der seit den großen Zeiten von Udo Jürgens tot schien - lebte er hier nicht weiter? Das deutsche Chanson, das man für peinlichen Abklatsch hielt, sollte es doch möglich sein? Das privatistische Songwritertum von Ulla Meinecke über Juliane Werding bis zu Manfred Maurenbrecher - sollte es hier von einem Glamour-Gen erträglich gemacht worden sein?“ Ja und nochmals ja, darf man spätestens heute, im Jahr 2013, bestätigen. Und die beiden Künstler weiterhin gespannt auf ihrem (momentan getrennten) Weg begleiten. Jeder für sich baut nun weiter an jenem Gesamtkunstwerk, dessen Fundament einst von Rosenstolz gegossen wurde. Während Plate mit seinem neuen Projekt eher im Liedermachergenre eine Heimat gefunden zu haben scheint (sein Album „Schüchtern ist mein Glück“ erschien bereits am 5. April), wandelt Anna R. musikalisch auf ausgeleuchteten Pfaden. Na klar, allein ihre unverkennbare Stimme, die über Jahrzehnte das Aushängeschild von Rosenstolz war, hat erheblichen Anteil am musikalischen Déjà-Vu. 9|10 Herzen Vvö bereits erschienen ertrieb Universal Kompositorisch startet Gleis 8 jedoch frisch, fromm, fröhlich, frei neu durch. Gleich der rockig-elektronische Opener „Ändern“ lässt diese 180-Grad-Drehung erahnen. Während Rosenstolz auf ihrem letzten Album das Leben verarbeiteten, langsame, böswillig könnte man sagen: depressive Musik einspielten, passiert hier etwas komplett anderes: herzerfrischend hell, kraftstrotzend trommelnd, hormongeladen schäkernd wie „Die Chance“. Oder geruhsam abgesteckt wie „Eine Sekunde“, das getragen, trotzdem facettenreich und abwechslungsreich einwirkt auf das Seelenleben des Zuhörers. Auch wortgewandt, mit Satzteilen jonglierend wie im Mutmacher „Geh nicht“ oder in unserem Lieblingssong „Liebe ohne Gewähr“. Und wir möchten uns an dieser Stelle tatsächlich recht weit aus dem Fenster lehnen und feststellen: Uns hat Rosenstolz nie so gut gefallen wie Gleis 8! „Los, geh mit dem Teufel trinken, aber bitte heule mich nicht voll, weil Du Dich auf jeden Fall am Schluss dabei verbrennst“, rockt’s hier daher, werden scheinheilig-egoistische Zeitgenossen mit zornigem Ausdruck entlarvt. Background-Chor und knarzende E-Gitarren prägen den nachdenklich schwirrenden Ausklang, gerade „Zeit“ hinterlässt fortdauernden Eindruck. „Das ist wie mit einer ersten großen Liebe, die sich noch finden will“, so Anna R. zur neuen Konstellation und Band - „die sich gefunden hat“ trifft es vielleicht noch besser. Cl 13