mbeat Entertainment Magazin

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Cd des Monats 08

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Cd des Monats White Lies Es Werde Licht Raus aus dem Schatten, rein ins Licht. Mit Album Nummer drei streifen die britischen Wavepopper endgültig ihr Düsterimage ab. 80 Bpm Harry Mcveigh und Charles Cave haben sich nicht irgendeinen Tag ausgesucht, um nach Berlin zu kommen und dort in einem Besprechungszimmer im achten Stock den lieben langen Tag Interviews zu geben. Nein, nein. Der Sänger und der Bassist der White Lies aus dem Westen Londons sind natürlich just am - mit Abstand - bisher heißesten Tag des Jahres zugegen und trinken mit heißem Tee tapfer gegen die Hitze an. Jawohl, Tee. Kein Bier, obwohl es bereits Nachmittag ist, wobei für Engländer freilich die Tageszeit ohnehin kein gängiges Kriterium für Alkoholkonsum darstellt. Diese Männer also, gerade mal Mitte 20 aber irgendwie etwas älter wirkend, sind also für Britrocker von enorm kultiviertem Schlage. Dazu passt auch ihre Abendunterhaltung der Wahl. „Wir waren gestern lange in der Sauna“, sagt Charles. „Es war wundervoll. Es gab auch einen kleinen Pool und ein Dampfbad. Einfach ideal, um nach einem langen, anstrengenden Tag wieder zu sich zu kommen.“ Dass sich die Herren - die von Schlagwerker Jack Lawrence-Brown komplettiert werden - ausgerechnet den westenglischen Kurort Bath aussuchten, um dort ihr neues Album aufzunehmen, kann deshalb auch kein Zufall sein. „Ganz vorzügliches Spa“, lächelt Harry. „Wir wären gerne noch länger geblieben, aber dann war die Platte fertig.“ Dass White Lies zwar Warmbader, aber keine Warmduscher sind, dokumentieren sie auf ihrem neuen Album mit furiosem Nachdruck. „Big Tv“ heißt es, es ist das dritte nach „To Lose My Life“ (2008) und „Ritual“ (2010). Auffällig: Sie haben ihren Sound gut durchgelüftet. Das düstere Gesamtklangbild, das diese Band immer prägte und ihr ermüdende Vergleiche mit Joy Division, The Editors und Interpol einbrachte, ist ein Stück in den Hintergrund getreten. Die neuen Stücke, die nach einer sechsmonatigen Pause überwiegend im Sommer und Herbst 2012 entstanden sind, klingen nun um einiges heller, freundlicher, auch zugänglicher. Harry Mcveigh: „Vielleicht liegt das daran, dass wir zum ersten Mal ein Album in der warmen Jahreszeit geschrieben haben. Es war schon ein bewusstes Ziel, mehr Licht, mehr Klangfarben, auch mehr melodische Komponenten zuzulassen.“ War man es leid, als ewig trauriger Dunkelrocker abgestempelt zu werden? „Die neue Richtung war nicht so sehr eine Reaktion auf das, was Außenstehende sagten. Vielmehr fingen wir selbst an, richtig gutes Songwriting, etwa den göttlichen John Grant, sehr zu mögen. Das führte Das Entertainment Magazin von dazu, dass wir intensiver an den Melodien feilten, um sie interessanter, auch hymnischer zu machen.“ Auf Tourneen im Vorprogramm von Coldplay und den Kings of Leon habe man sich in dieser Hinsicht auch einiges abschauen können. Dass die erste Single „There Goes Our Love Again“ in Sachen Tempo, Rhythmus und Stimmung in Richtung The Smiths geht, darauf habe man es jedoch nicht angelegt. „Der Song ist sehr schnell für unsere Verhältnisse, deshalb kommt die Assoziation zu den Smiths. Idole von uns sind das nicht, doch Morrissey haben wir schon sieben- oder achtmal bei Festivals erlebt, ein sehr verrückter, melodramatischer und genialer Mann.“ Eine richtig harte, fast nach Metal klingende Gitarre spielt Mcveigh in „Mother Tongue“, auch „Getting Even“ ist sehr forsch, während „Change“ oder „Heaven Wait“ zu den wenigen ruhigen Momenten zählen. Seine erste eigene Band gründete das Schulfreundetrio Anfang des letzten Jahrzehnts. Sie waren 15 und nannten sich Fear of Flying, seinerzeit lernten sie auch bereits Produzent Ed Buller (Suede) kennen. Aus Fear of Flying wurde 2007 White Lies, und aus vergleichsweise geradlinigem Rock wurde künstlerisch ambitionierte Düstermusik. „Sicher spielte damals auch eine Rolle, dass wir unbedingt erwachsener und reifer wirken wollten, als wir waren“, mutmaßt Charles Cave. Auch dank der Unterstützung wichtiger Medien wie der Bbc gelang dem Trio mit dem Debütalbum gleich der Sprung an die Spitze der Charts, White Lies waren plötzlich eine große Nummer. Übergeschnappt sind sie nicht. Charles: „Wir sind nicht sehr konsumgeil und haben die Kohle nicht verprasst. Wir geben unser Geld für Steaks und Rotwein aus. Wir haben keine typischen Rock-’N’-Roll-Angewohnheiten, cool sind wir auch nie gewesen.“ Die Konsumzurückhaltung hat auch den Weg aufs Album gefunden. Der Titelsong „Big Tv“ ist eine nur leicht humorvolle Kritik an Leuten, die glauben, dass „ihre eigene Bedeutung mit der Größe ihres Fernsehers wächst“, anderswo übt man Kritik am zu leichtfertigen Verschleiß von Lebensabschnittspartnern. „‚There Goes Our Love Again‘ ist ein realistischer, positiver Song über die Liebe“, so Charles Cove. „Eine Beziehung ist wie eine Säge, es geht hin und her, rauf und runter. Wir in der Band haben Erfahrungen mit langen Beziehungen und wissen, dass so eine richtige Liebe viel spannender ist als das, worüber die meisten Bands so schreiben. Selbst ein Paul Simon musste erst über 60 werden, um Songs über seine Ehe und seine wahren, tiefen Gefühle zu singen.“ Die White Lies tun das schon mit Mitte 20 und sind darauf ein bisschen stolz. White Lies | „Big Tv“ | Vö 09.08. | Vertrieb Universal sr 09