mbeat Entertainment Magazin

68 Seiten|Müller|1.8 - 31.8.2013Angebot abgelaufenAktuelle Müller Angebote in Scholterhaus

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Cd | Urban/electronica Reviews Selena Gomez „Stars Dance“ Vö bereits erschienen Vertrieb Universal Nazar „Fakker Lifestyle“ Vö 16.08. Vertrieb Soulfood 70 Bpm Die Kernaussage hinter dem amüsanten Pr-Stunt, Selena Gomez würde mit Ed Sheeran rummachen, lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Das Mädchen ist erwachsen geworden. Rotschopf Sheeran sei sensibel und tiefsinnig, so ein Insider, Qualitäten, die Selenas Ex, Justin Bieber, offenbar vermissen ließ. Qualitäten, die der neue Mindstate der 21-Jährigen allerdings zwingend einfordert, für einen Haustierhalter, der sein Liebstes achtlos an einem fremden Flughafen zurücklässt, ist da kein Platz. Tatsächlich schlägt Gomez mit ihrem Solodebüt eine Brücke in die Sparte ernstzunehmender Popdiven Marke Spears und J.lo, über Stargate- und Rock-Mafia-Beats mit teils südländischen Ethno-Vibes öffnet sich der „Spring Breakers“-Star, gibt Persönliches preis, wirkt gereift. Eine Kollabo mit Ed Sheeran? Hier - noch! - nicht. mw Raffertie „Sleep Of Reason“ Vö 02.08. Vertrieb Rtd 80 Bpm Raffertie hat als Dj und Produzent längst Fuß gefasst in der Elektroszene, nicht zuletzt auch wegen seiner energiegeladenen Performances auf Festivals. Jetzt erscheint auf Ninja Tune sein Debütalbum, womit er seinen Sonderstatus noch unterstreichen darf. Zur Single „Build Me Up“ drehte Raffertie mit Vincent Haycock sogar eigens einen Kurzfilm, der den Alltag dreier Brüder im kalifornischen Compton zeigt. Die ersten Tracks sind persönlich und einfühlsam, zeigen seine eher tiefgründige Seite. Aber er kann auch anders. Nach den dumpfen, mächtigen Beats des ersten Teils, erweist sich „One Track Mind“ fast schon als melodiös. Das Tempo zieht an, um im nächsten Track plötzlich zu bremsen. Nur der Beat und Rafferties Stimme sind zu hören. So überrascht und überzeugt „Sleep Of Reason“ vor allem mit seiner Vielfalt. pr 20 90 Bpm 90 Bpm „Fakker Lifestyle“? So ganz common sense ist der noch nicht im Rapgame. All jenen, die auch nach seinem letztjährigen Top-10-Album „Narkose“ immer noch rätseln, ob mit „Fakker“ nun ein Faker gemeint ist, oder der Begriff als Abwandlung eines harschen englischen Schimpfwortes gebraucht wird, gibt der Österreicher Nazar nun Antworten auf Albumlänge. Die Hoodtales des iranischstämmigen Streetrappers erzählen vom Leben in Österreichs Neukölln, dem 10. Bezirk Wiens. Wer dort bestehen will, ist arrogant, leicht selbstverliebt, ein wenig asozial aber auch freundlich und loyal - ein Fakker eben. Mit den 15 Tracks auf „Fakker Lifestyle“ setzt Nazar seinen Weg fort, hat hörbar an Skills und Delivery gearbeitet, zieht über den Beats seines Produzenten O.z zwischen Drohgebärden und trockenem Humor alle Register. Noch Fragen? mw Washed Out „Paracosm“ Vö 09.08. Vertrieb Goodtogo Jetzt kommt er doch noch, der Sommer. Zumindest die laue Sommernacht, kurz bevor die Sonne aufgeht. Hörst Du schon die ersten Vögel zwitschern? Die Klänge, die das erste zaghafte Tageslicht auf die taufrischen Grashalme zaubert? Die letzten mystischen Nachtwesen verschwinden ins Gebüsch und auf ihre verborgenen Feenlichtungen und Ernest Greene darf sie von seinem Schlafzimmerfenster aus dabei beobachten. Bereits vor zwei Jahren durfte man mit ihm bzw. seinem Bandprojekt Washed Out verzückt in den schnell so bezeichneten „Chillwave“-Klängen baden gehen, jetzt schleppt sich der Nachfolger ebenso tiefenentspannt zwischen Indiepop, Electronica und Chill-Out in Richtung Morgengrauen. Schön und nur beim Autofahren en wenig gefährlich! Stichwort Tiefenentspannung. cb 90 Bpm 50 Bpm The toten Crackhuren im Kofferraum „Mama ich blute“ Vö bereits erschienen Vertrieb Broken Silence Mit diesen Berliner Gören (und Jungs) ist es nicht so ganz einfach. Man möchte die Musik ja eigentlich richtig gern mögen, weil die Damen zu einer technoähnlichen Musik so schön einen auf unangepasst, frech und frivol machen, bloß, wie soll man sagen: Die Platte knallt nicht so, wie man hofft. The Crackhuren sind nicht Deichkind, sie sind auch keine K.i.z. Ihre Rotzigkeit ist wie ein Bier, das zu schnell schal wird. Ein Stück wie „Geniale Asoziale“ hatten sie schon auf dem ersten Album, selbst aus der Single „Klaus“ ist die Luft schnell raus. Für Partys, bei denen reichlich Jägermeister fließt, mag die Platte der Krawalldarstellerinnen sogar ganz gut geeignet sein, doch der Verdacht, dass sie ihr kreatives Pulver schon verschossen haben, den räumen die Crackhuren nicht aus. Leider nicht geil. sr Moderat „II“ Vö 02.08. Vertrieb Rtd Woran man richtig gute Freundschaften erkennt? Man kann sich über Jahre nicht sehen und kaum miteinander kommunizieren und trotzdem versteht man sich auf Anhieb wieder ganz prächtig! Was das mit Elektronik-Feingeist Sascha Ring (Apparat) und seinen technoiden Berliner Freunden von Modeselektor zu tun hat? Sie haben in den vergangenen zehn Jahren als Moderat erst zweimal miteinander gearbeitet und nun mit einer schlichten „II“ fünf Jahre nach dem Albumdebüt die neue Zusammenarbeit folgen lassen. Und ganz prächtig und wie aus einem Guss wirkt sie auch noch. Zwischen Dubstep, Breakbeat und feingliedrigem Wavepop oszilliert das moderate Soundgefüge, reißt mal in Richtung Triphop („Milk“), dann in fast schon sphärischen Pop aus („Bad Kingdom“) und sollte erst in fünf Jahren wiederholt werden. Zur Qualitätssicherung. cb

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Reviews Alternative | Cd Gogol Bordello „Pura Vida Conspiracy“ Vö bereits erschienen Vertrieb Rtd David Lynch „The Big Dream” Vö bereits erschienen Vertrieb Indigo 70 Bpm Als ukrainischer Musiker, der von den Roma abstammt und nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 mit der Familie die Heimat in Richtung Vermont/ Usa verließ, ist der 41-jährige Eugene Hütz das Reisen mehr als gewohnt. Keine Überraschung also, dass der Frontmann mit seiner bunten Truppe seit Bandgründung 1999 in New York den gesamten Globus unermüdlich und leidenschaftlich bereist. Schließlich ist es ja auch Weltmusik, was Gogol Bordello treiben. Gypsy-Folklore ist ein Element, aber auch Punk ist ein prägender Einfluss, mit dem sanften „Malandrino“ wagt man sich jetzt sogar ein wenig in Richtung Flamenco-Schlager vor. Kein Zweifel, dieses von Andrew Sheps in Texas produzierte Werk ist vielleicht kein Meilenstein, aber hochgradig tanzbar und unterhaltsam. Für Fans von Shantel oder Manu Chao. sr The Electric Soft Parade „IDIOTS“ Vö bereits erschienen Vertrieb Rtd 90 Bpm „No Need To Be Downhearted“ für Fans der in Sachen großartiges Songwriting vielleicht konkurrenzlosen Briten. Denn die sechs Jahre, die seit dem Vorgänger ins Land gezogen sind, haben die White-Brüder ganz offensichtlich genutzt, ihren Sound zwischen The Beach Boys („Summertime In My Heart“), großartig harmonischem 60er-Jahre-Pop mit Bacharacheinschlag („Brother, You Must Walk Your Path Alone“) und traumverloren folkloristischen Balladen („The Corner Of Highdown And Montefiore“) weiter zu verfeinern. Und produktionstechnisch zu den „Holes In The Wall“ zurückzuführen, mit denen man vor mittlerweile elf Jahren schon einmal für den Mercury Prize nominiert war. Man hätte es mit „IDIOTS“ zu tun, würde man das vierte Album der Electric Soft Parade nicht wieder für eine Auszeichnung in Betracht ziehen. cb Das Entertainment Magazin von 80 Bpm 80 Bpm Seine Filme, so der 67-Jährige, wolle niemand mehr sehen. Weshalb sich der Kultregisseur (u. a. „Lost Highway“) zusehends auf die Musik verlegt - und nun schon sein zweites Album vorlegt. Wieder mit Produzent Dean Hurley sowie einer schrulligen Form von Sicko-Blues, der von düsterer Atmosphäre, einem merkwürdigen (Sprech-)Gesang, dezenten Industrial-Beats, eigenwilligem Gitarrenspiel und Texten über neurotische Frauen, Züge, Eiscreme und Massenmörder lebt. Also typische Lynch-Themen, die er mit einer Mischung aus Nine Inch Nails trifft Tom Waits trifft Roy Orbison umsetzt, mit einem Cover von Bob Dylans „Ballad Of Hollis Brown“ plus einem Gastauftritt von Lykke Li würzt - und einmal mehr jede Menge Fragezeichen hinterlässt. Eben wie seine Filme: ohne Bilder, aber mit genauso vielen beklemmenden Momenten. ma Golden Suits „Golden Suits“ Vö 16.08. Vertrieb Cargo Dass die Golden Suits eigentlich nur ein einziger sind, nämlich Fred Nicolaus, das ist allenfalls der Intimität seiner Texte zu entnehmen. Mit seinem Freund Daniel Rossen vor fünf Jahren als Department of Eagles bereits in etlichen Jahrescharts vertreten, hat er seither zusehen dürfen, wie sein Partner mit Kollege Chris Taylor als Grizzly Bear Erfolge feiert, während er selbst eine persönliche Krise nach der anderen durchleben durfte. Die bewältigt er nun mit seinem ersten Soloalbum, das bei aller indiepoppigen Leichtigkeit („I Think You Would Have Been Mine“) vor allem großartigen Singer/ Songwriting-Traditionen huldigt und auch nicht ganz ohne Unterstützung auskommt. Sowohl Chris Taylor als auch Daniel Rossen helfen Nicolaus dabei, seinen Soloeinstand zum musikalischen Fest für Melancholiker werden zu lassen. cb 90 Bpm 90 Bpm Grant Hart „The Argument“ Vö bereits erschienen Vertrieb Goodtogo Unbestreitbar ein großer künstlerischer Wurf ist Hüsker-Dü-Ikone Grant Hart mit diesem „Argument“ gelungen, das ein literarisches Grundkonzept in insgesamt 20 Vignetten gegossen hat, die zusammengenommen so funktionieren, wie es in Zeiten von Singledownloads und Streamingdiensten nur noch selten der Fall ist: Als Album, das zwischen der Dekadenz des frühen Bowie („Awake, Arise!“), skurrilen Jahrmarktsreferenzen („If We Have The Will“) und knackigem Rock („Morningstar“) eine Geschichte entfaltet, die zu gleichen Teilen auf John Miltons „Paradise Lost“ und William S. Burroughs unveröffentlichte Sci-Fibearbeitung des Gedichts, „Lost Paradise“, zurückgeht. Fast schon eine konzeptionelle Indierock-Oper, deren literarischer Referenzrahmen auch Anglisten zum Schwärmen verführen dürfte. ss Julianna Barwick „Nepenthe“ Vö 16.08. Vertrieb Cargo Der Zaubertrank des Vergessens ist es, der mit dem Titel zu Julianna Barwicks zweitem Album ganz treffend beschworen wird. Denn für den Nachfolger zu ihrem gefeierten „Magic Place“ hat sich die Amerikanerin zu einem ebensolchen einladen lassen: Nach Island - genauer gesagt Reykjavik -, wo Alex Somers, seines Zeichens Teil und Produzent des Musikerkollektivs Sigur Rós, sich als Zuarbeiter für „Nepenthe“ empfohlen hat. Über ihn fanden nicht nur das isländische Streicherensemble Amiina und múm-Gitarrist Reynisson auf das Album, sondern sogar ein Mädchenchor. Außerdem all die ätherischen Klangwelten, die wir sonst nur von eisweltverlorenen Sigur-Rós-Alben kennen und lieben. Für Barwick angesichts persönlicher Verluste ein Weg, gegen das Vergessen anzusingen. Für uns ein ziemlich unvergessliches Klangkunstwerk. cb 21