mbeat Entertainment Magazin

76 Seiten|Müller|1.9 - 30.9.2013Angebot abgelaufenAktuelle Müller Angebote in Scholterhaus

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Dvd Blu-Ray | Features Der große Gatsby Im rAUSCh Der Sinne Vornehm geht die Welt zugrunde. In Baz Luhrmanns opulenter Romanverfilmung wird Leonardo Dicaprio zum personifizierten Sinnbild der wilden Zwanziger - und ihres Untergangs. 90 bPm Der Australier Baz Luhrmann war schon immer der Mann für cineastische Theatralik. Seine „Romeo & Julia“-Verfilmung hat Shakespeare einst ins Videoclipzeitalter geholt, „Moulin Rouge“ die Leinwand zur opulenten Fin-De-Siècle-Bühne gemacht und „Australia“ tragische Schicksale in seiner Heimat vom Winde verwehen lassen. Nun also F. Scott Fitzgeralds „Der große Gatsby“, jener quintessenzielle Roman zum frühen 20. Jahrhundert, der schon einmal - damals mit Robert Redford in der Hauptrolle - zum echten Filmklassiker getaugt hat. Nun ist es an Leonardo Dicaprio und seinen illustren Mitstreitern (Carey Mulligan, Tobey Maguire, Joel Edgerton, Isla Fisher), die Roaring Twenties und ihre vermeintlich inhaltsleeren Bewohner mit tragischem Leben zu füllen. Idealerweise (und mit entsprechender Heimkinotechnik) in 3D, welches die überbordende Bilderpracht - passend zum von Jay-Z produzierten Soundtrack - besonders schön zur Geltung bringt. Trotz seiner fantastischen Kostüme, der opulenten Ausstattung und der wunderbaren Oldtimer, alldem also, was uns an den Zwanzigern so fasziniert (hat), fühlt sich dieser Gatsby absolut gegenwärtig an. Was wahrscheinlich am „Nach uns die Sintflut“-Verhalten der Schickeria von Long Island liegt, vielleicht auch am bedingungslosen Fortschrittsglauben an der Börse, wo der junge Nick Carraway (Tobey Maguire) arbeitet. 38 Noch weiß von der nahenden Weltwirtschaftskrise erst der Zuschauer, der sich bald schon gar nicht mehr darüber wundert, dass „Der große Gatsby“ sein fantastisches und geheimnisvolles Vermögen gar nicht auf ehrliche Weise erworben hat. Aber darum geht es ohnehin nur am Rande. Im Kern der Geschichte steht die Sehnsucht. Jene des geheimnisvollen Milliardärs nach der verheirateten Jugendliebe Daisy Buchanan (Carey Mulligan), an die er über deren Cousin (und seinen Nachbarn) Nick wieder heranzukommen hofft. Weil er dabei ähnlich rücksichtslos (wenn auch wohlmeinend) vorgeht, wie in Finanzdingen, kommt es zur Katastrophe für Gatsby, dessen Streben vielleicht trotz allem zu den reinsten Trieben gehört, die im opulenten Gesellschaftspanorama dieser 20er zur Schau gestellt werden. Dass es dem Zuschauer dabei über weite Strecken und trotz tragischer Note trotzdem so ergeht wie den Partygästen Gatsbys, das liegt an der rauschhaften Inszenierung durch Luhrmann, der es ganz so macht wie seine Protagonisten und vor allem auf den besonders schönen Schein setzt. Dass dabei auch die inneren Konflikte der zugegebenermaßen „entleerten“ Persönlichkeiten nicht zu kurz kommen, das liegt an seinen hervorragenden Darstellern, zuvorderst Dicaprio, der nach diesem Auftritt wohl endgültig vom hübschen Buben zur tragischen Männerfigur gereift ist. cb Der große Gatsby | Warner / Usa 2013 | Regie baz luhrmann | Darsteller leonardo Dicaprio, Carey mulligan, Tobey maguire | Features tba | Vö 20.09. | Fsk 12

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Features | Dvd Blu-Ray Paradies: Liebe Sugarmamas 90 bPm Der österreichische Filmemacher Ulrich Seidl schaut gerne genau hin. Und zwar nicht unbedingt auf die schönen Seiten des Lebens, sondern meist dahin, wo es auch dem Zuschauer wehtut. In seiner auf gleich drei renommierten Filmfestivals aufgeführten „Paradies“-Trilogie tut er das erstmals (und trotz Laiendarstellern) in eher filmischer als dokumentarischer Form. Auch wenn das Geschehen dadurch nicht weniger schmerzlich wahr wird - trotz des fast liebevollen Verständnisses, das Seidl für seine Figuren aufbringt. Im Mittelpunkt von „Liebe“ steht die 50-jährige Teresa, die es als alleinerziehende und von ihrem körperlichen Verfall (bzw. Umfang) zunehmend frustrierte Mutter mit einigen Freundinnen in den Afrikaurlaub zieht. Hier werden sie zum weiblichen Äquivalent des oft belächelten und verdammten männlichen Thailand- bzw. Sextouristen: Sie lassen sich von den zahlreichen schwarzen Beachboys umwerben und gegen ein kleines Taschengeld auch sexuell verwöh3096 Tage Das Kampusch-Martyrium 70 bPm Eingebrannt in unsere Erinnerung ist dieses reale, unfassbare Schicksal der Natascha Kampusch. Nicht bloß Abgründe, vielmehr kilometerlange Schluchten menschlicher Abscheulichkeit wurden hier urplötzlich offenbar, als im Jahre 2006 - nach der erfolgreichen Flucht der 18-Jährigen aus ihrem Kellerverlies - jedermann Einblick erhielt in etwas, das eigentlich bis zum heutigen Tage unfassbar scheint. Das vom großen, 2011 verstorbenen Bernd Eichinger in Fragmenten entworfene Drehbuch zur Entführung wurde von Ruth Thoma vollendet. Die garstig-klaustrophobische Enge des Szenarios von Starfotograf Michael Ballhaus („Departed“, „Gangs Of New York“) gewohnt souverän eingefangen. Und doch will bei uns nicht so recht Bewunderung aufkommen. Schuld daran ist sicherlich das schwer verdauliche Thema. Auf der anderen Seite sind die Effekte zu gewöhnlich, der Plot zu bekannt, die beklemmenden Geschehnisse vor den Toren Wiens irgendwie zu persönlich und vielleicht auch Das entertainment magazin von 39 nen. Als sogenannte „Sugarmamas“ genießen sie die Illusion, noch einmal begehrt zu werden. Aber diese Illusion hält nicht an und wird Ende September durch Glaubenswahn („Paradies: Glaube“) und im November schließlich durch die „Hoffnung“ komplettiert. Starkes, aber nicht immer leicht goutierbares Kino von unseren Nachbarn. cb Paradies: Liebe | Indigo / Aut 2012 | Regie Ulrich Seidl | Darsteller margarethe Tiesel, Peter Kazungu | Features tba | Vö bereits erschienen Fsk 16 intim. Und doch mag man behhaupten, dass die Auseinandersetzung mit diesem garstigen Thema einfach sein muss. Genauso wie die geschichtliche Auseinandersetzung mit den Gräueltaten des Holocaust: Reflexion pro Verhinderung einer Wiederholung - auch wenn’s zuweilen schwerfällt. Schließlich darf der Film gerade auch als Aufruf zu größerer Sorge um den Mitmenschen und Nachbarn verstanden werden, zu erhöhter Wachsamkeit und Interesse an unserem Gegenüber, das in der heutigen Zeit leider oft auf der Strecke bleibt. cl 3096 Tage | Universum / D 2013 | Regie Sherry hormann | Darsteller Antonia Campbell-Hughes, Thure lindhardt, Amelia Pidgeon | Features hörfilmfassung, behind the Scenes, Featurettes, Trailer | Vö 05.09. | Fsk 16